8 Forderungen des Stadtelternbeirats und des Ernährungsrates an die Stadt (2025)

Ernährungspolitische Forderungen an die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung der Stadt Frankfurt/Main, erarbeitet vom Vorstand des Schulelternbeirates Frankfurt und den Mitgliedern des Arbeitskreises „Main Mittagessen“ des Frankfurter Ernährungsrates

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Frankfurt, den 21.05.2025

Zum Stadtelternbeirat

Als Stadtelternbeirat Frankfurt am Main vertreten wir die Interessen von knapp 200 Schulen mit etwa 108.000 Schülerinnen und Schülern. Das Thema Schulernährung ist nicht erst seit der „Kartoffel des Grauens“ ein Dauerbrenner an Frankfurter Schulen und muss dringend signifikant verbessert werden.

Zum Ernährungsrat Frankfurt mit dem Arbeitskreis ‚Main Mittagessen‘

Seit seiner Gründung 2017 arbeitet der Ernährungsrat daran, das Thema Ernährung in den städtischen Institutionen zu verankern. Praktisch hat das Team am Runden Tisch beim Stadtschulamt von 2018-2020 mit allen Beteiligten zum Thema Schulessen in Frankfurt zusammengearbeitet.

Außerdem betreibt der Ernährungsrat den Externen Schulgartens im Ostpark und macht Bildungsangebote für nachhaltige Ernährung. Das Team bietet zwei Maßnahmen zur Ernährungsbildung an, um Wertschätzung und Akzeptanz des Essens in den Mensen zu fördern.

Im Jahr 2024 haben wir eine Bachelor- und eine Masterarbeit zum Thema „Lebensmittelverschwendung an Frankfurter Schulen“ in Kooperation mit der Hochschule Fulda begleitet.

Darüber hinaus hat der Ernährungsrat im Rahmen des von der Stadt geförderten House of Food Frankfurt (HOFF) im April 2025 die zweite Messe der ‚kulinarischen und regionalen Verbindungen‘ durchgeführt. Hierbei trafen sich Vertreterinnen und Vertreter von regionalen Erzeugerbetrieben mit Verantwortlichen der Gemeinschaftsverpflegung.

Bei der Verpflegung von Schülerinnen und Schülern in den Schulen gibt es viele Probleme, die erfasst und regelmäßig mit Zuständigen diskutiert werden. Die Fragestellungen sind komplex und die möglichen Antworten können nicht von einer ehrenamtlichen Initiative wie einem Arbeitskreis des Ernährungsrates koordiniert werden. Angesichts der großen Aufgaben, die in den kommenden Jahren zu bewältigen sind, ist die Stadtpolitik hier in der Pflicht.

Die Mitglieder des Stadtschulelternbeirates und des Ernährungsrates fordern die Parteien in Frankfurt am Main auf, folgende Aspekte in ihren Maßnahmenkatalog dauerhaft aufzunehmen.

1. Anzahl der Mensaplätze müssen erhöht werden und jede Schule braucht eine Küche.

Die Anzahl der Mensa-Plätze muss signifikant erhöht werden, auch in Bezug auf die geplante Umsetzung des flächendeckenden Konzeptes ‚Ganztagsschule‘ ab 2026.

Jede Schule muss über eine eigene Mensa verfügen.

Hintergrund: Zu viele Schülerinnen und Schüler essen nicht in der Schule, weil die Plätze fehlen. Dadurch sind sie gezwungen, entweder das Schulgelände zu verlassen und/oder teurere, oft auch minderwertige Alternativen über die Mittagzeit zu suchen.

2. Durchführung von Bieterdialoge vor der Ausschreibung des Catering.

Wir fordern die Einführung eines Bieterdialogs zwischen ausschreibender Stelle und potenziellen Bietern.

Hintergrund: Aktuell decken zwei Caterer den Großteil der Schulen in Frankfurt am Main ab. Der Wettbewerb muss erhöht werden. Kleinere und mittlere regionale Caterer müssen die Chance haben, einen Zuschlag zu bekommen, z.B. durch pragmatische Vorgaben, die auch für diese Caterer zu bedienen sind.

Insofern müssen mehr, vor allem auch kleinere und mittelgroße Cateringunternehmen, die Möglichkeit bekommen, den formalen Anforderungen gerecht zu werden (z.B. durch die Vereinfachung von Bewerbungsprozessen, durch Unterstützungs-/Beratungsangebote der potenziellen Bieterunternehmen zur Bewältigung des Angebots- und Vertragsprozesses).

3. Erstellung einer Machbarkeitsstudie zur Umsetzung eines alternativen Modells der Kita- und Schulverpflegung in Frankfurt

Wir fordern eine Machbarkeitsstudie zur Umsetzung der Rekommunalisierung der Kita- und Schulverpflegung.

Hintergrund: Im Rahmen von Ausschreibungsverfahren ist es nicht möglich, einen Vertrag über den Zeitraum von sechs Jahren zu verlängern. Das führt dazu, dass Caterer kein Personal mit längerfristigen Verträgen gewinnen können. Sie sind daher vorwiegend auf Aushilfen angewiesen. Das ist von Nachteil. Eine nachhaltige Versorgung mit guten Lebensmitteln kann nicht aufgebaut werden.

Wäre die Stadt dagegen in der Verantwortung für die Vergabe von Lieferaufträgen, können z.B. zuverlässige Abnahmeverträge mit regionalen Erzeugungs- und Verarbeitungsbetrieben geschlossen und die Wirtschaftskraft in der Region gehalten werden.

Die Stadt hat die Möglichkeit, ein einheitliches Abrechnungssystem einzuführen. Durch regelmäßige Fortbildungen für das Personal können Qualität und Akzeptanz des Essens erhöht werden, u.v.a.m.

4. Transparenz zur Vertragsgestaltung und Kontrolle zur Einhaltung der Verträge

Wir fordern die Teilhabe der Schulgemeinden an der Gestaltung und Kontrolle der Verträge. Der Informationsfluss hierzu muss gewährleistet werden. Ebenso sollen die Caterer dazu verpflichtet werden, unaufgefordert 2x jährlich die Ergebnisse der Schülerbefragungen zu veröffentlichen.

Die Schulen benötigen Schulökotrophologinnen/Ökotrophologen oder Mensa- bzw. Ernährungscoaches, die die Schulgemeinden im Ernährungsbereich unterstützen.

Hintergrund: Die bereits vorgesehenen Informationen erreichen die meisten Betroffenen nicht. Es herrscht Unwissenheit in der Schüler- und Elternschaft über die vom Caterer eingegangenen Verpflichtungen. Zum Beispiel sind Portionsgrößen, Hygieneanforderungen, oder DGE Vorgaben unklar.

5. Dauerhafte und neutrale Instanz zur Qualitäts- und Hygienekontrolle

Wir fordern eine dauerhafte und neutrale Instanz zur Qualitäts- und Hygienekontrolle. Diese kann durch die o.g. Ökotrophologinnen und/oder Mensascouts geleistet werden.

Hintergrund: Aktuell müssen Schule, die Elternvertretung und die Schülerschaft die Qualitätskontrolle, Hygienekontrolle und Mengenkontrolle leisten. Hierzu schicken die Kinder schicken Fotos vom Mittagessen an die Eltern. Stattdessen muss dies professionell von einer neutralen Instanz in Vertretung der auftraggebenden Stelle der Stadt Frankfurt am Main durch regelmäßige, unangekündigte Kontrollen durchgeführt und Rechenschaft an die Stadt Frankfurt am Main abgelegt werden.

Die Kontrolle der Erfüllung laufender Verträge muss durch einen Mix an Maßnahmen gewährleistet sein. Diese Kontrollmechanismen betreffen:

  • Einhaltung der DGE-Empfehlungen (z.B. ausreichend Gemüse im Speiseplan und auf den Tellern, Anpassung des Anteils Kohlehydrate)
  • Ausreichende Portionsgröße bei der Essensausgabe in weiterführenden Schulen Einhaltung von Hygienestandards (Haare, Fingernägel etc.)
  • Produktqualität (Frische und Garzustand der Gerichte, Dauer des Warmhaltens, warm/kalt auf dem Teller etc.)
  • Prozessqualität der Lebensmittelerzeugung (Anteil Bio, Anteil Regional gemäß der vertraglichen Vereinbarung)
  • Sonstige Vereinbarungen wie z.B. Erreichbarkeit des Caterers durch die Schulleitung oder Eltern bei Problemen; Abrechnung; Bildungsangebote wie Koch-AG, Thementage, u.Ä.)

6. Einführung von Maßnahmen zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung

Wir fordern, die Lebensmittelverschwendung in den Schulmensen mit allen Mitteln einzudämmen.

Hintergrund: Zahlreiche Beobachtungen von Prozessbeteiligten zeigen, dass Essen umsonst bereitgestellt werden, da es bestellt, aber nicht abgeholt wurde. Außerdem gibt es zahlreiche Meldungen, dass fast volle Teller entsorgt werden.

Wenn diese Mengen an Lebensmittelverschwendung verringert werden, könnte mit den gesparten Ressourcen die Qualität des Essens optimiert werden. Caterer müssen verpflichtet werden, die Abfallmenge zu erheben. Hierzu gibt es mittlerweile zahlreiche Prozesstools für die Gemeinschaftsverpflegung.

Im Anschluss müssen die Gründe für die Verschwendung geklärt und beseitigt werden.

Der Ernährungsrat hat zum Thema „Lebensmittelverschwendung in Frankfurter Schulen“ bereits die o.g. wissenschaftlichen Arbeiten erstellen lassen. Dieses Wissen steht allen Beteiligten jederzeit zur Verfügung.

7. Regelmäßige Einberufung des Runden Tisches am städtischen Schulamt

Wir fordern die Wiedereinberufung des „Runden Tisches Schulernährung“ wie in der Magistratsvorlage M27 von 2020 vereinbart.

Hintergrund: Viele der oben genannten auftretenden Probleme beruhen auf Umsetzungsproblemen. Diese können nur im regelmäßigen Austausch gemeinsam bewältig werden.

Die Vorbereitung der Runden Tische geschieht – laut vorliegender Vereinbarung – durch das Abstimmen einer gemeinsamen Tagesordnung. Zielsetzung der Treffen ist die Erarbeitung von Lösungsansätzen und Vereinbarungen zur konkreten Umsetzung gemäß einem jeweils gemeinsam abgestimmten Protokoll.

Hierzu gehört die Einbindung von Vertretern bzw. Vertreterinnen aller relevanten Akteursgruppen (Stadtelternbeirat, Stadtschülerinnenrat, Ernährungsrat, Schulökotrophologinnen, ggfs. Cateringunternehmen und Hessische Marketinggesellschaft zur Stärkung regionaler Lieferketten).

Eine Abstimmung mit dem staatlichen Schulamt kann z.B. durch gelegentliche Einladung zum Runden Tisch geschehen.

8. Ernährungsbildung fördern und fordern

Wir fordern, dass die vorhandenen Informationen und Lerneinheiten zur gesunden und nachhaltigen Ernährung, die es bereits gibt, verstärkt in den Unterricht einfließen. Die Möglichkeiten laut der Hessischen Curricula sind gegeben (z.B. Sachunterricht, Erdkunde, Biologie, Powi, Ethik, Nawi).

Da die Stadt nur begrenzte Einflussmöglichkeiten auf die Themenwahl im Unterricht hat, soll dies von den Mensacoaches in Zusammenarbeit mit den Caterern unterstützt werden. Der Anspruch der im Unterricht vermittelten Lerninhalte, muss sich im Angebot der Caterer in den Mensen wiederfinden.

Hierzu finden sich zahlreiche Beispiele beim Caterer Netzwerk „Deutsches Netzwerk für Schulverpflegung“:
https://www.dnsv.eu/